Sei doch nicht so!

 

Lügendetektor, Teil 3: Du darfst nicht alles glauben, was Du über Dich denkst!

Was ist eigentlich falsch mit Dir?

Ja, genau, Du hast schon richtig gelesen?

Mit Dir stimmt doch was nicht.
Du weißt doch ganz genau, was ich meine…

Bist du vielleicht zu:

a) schüchtern?
b) dramatisch?
c) emotional?
d) besserwisserisch?
e) still?
f) langsam?
g) zickig?
h) gefühlskalt?
i) laut?
j) nervig?
k) launisch?
l) faul?
m) ___ ?

Na bitte!

Wenn Du nicht bei einer der aufgezählten Eigenschaften zustimmend genickt hast, dann ist Dir mit Sicherheit etwas anderes eingefallen, was Du hinzufügen würdest.
Du bist nämlich bestimmt auch zu! Zu irgendwas!

Zu ___ , halt!

Und wo ich doch so gut weiß, das Du Dich ertappt fühlst, mach ich gleich mal weiter mit meinem Wissen
(ich bin übrigens zu besserwisserisch):
Du bist garnicht selbst auf die Idee gekommen, dass Du zu ___ bist!
Einer oder vielleicht sogar mehrere Menschen in Deinem Umfeld haben Dich mehr oder weniger nett darauf hingewiesen.

Stimmt´s?

Und weil ich gerade so einen Klugscheißeranfall habe:
Du nimmst es einfach für bare Münze, ohne groß zu hinterfragen, ob der oder die Andere überhaupt recht hat!

Bingo!

Ich hätte heute vielleicht Dart spielen sollen, bei meiner Treffsicherheit!

Naja, vielleicht hab ich ein bisschen gemogelt. Vielleicht war es garnicht so schwer darauf zu kommen, weil es Dir einfach genauso geht wie vielen anderen auch – wie mir auch!

Uns werden Charaktereigenschaften zugesprochen, die wir einfach so hinnehmen.
Einfach so – ohne sie zu hinterfragen oder gar in Frage zu stellen

Und dabei handelt es sich natürlich nicht um die vorteilhaftesten Eigenschaften, sondern solche, die in unseren Augen (oder eher in den Augen unseres Gegenübers) negativ behaftet sind.
Wir wollen nicht zu ___ sein, denn etwas „zu“ zu sein, bedeutet fehlerhaft und falsch zu sein.
Als könnten wir uns nicht gesellschaftskonform dosieren.
Als wären wir aufgrund unseres zu-sehr-Seins, kein vollwertiges Gesellschaftsmitglied.

Und wir wollen so nicht sein und verstellen uns und tun alles mögliche, damit nicht andere die gleiche Meinung von uns haben.

Mit uns stimmt etwas nicht!

Andere haben das erkannt, dadurch wird es wahr.
(Sie haben ja auch deutlich mehr Kompetenzen in unserem Leben als wir, na klar!)

Und da wir selten mit anderen über unsere vermeintlich „schlechten“ Seiten sprechen, können sie auch nie widerlegt werden und wir halten sie immer weiter für Wahrheiten.

Manchmal haben wir aber auch Glück.

Da gibt es zum Beispiel meine liebe Freundin, die sich gerade am anderen Ende der Welt herumtreibt, die mich sehr überrascht angeschaut hat, als ich ihr erzählte, dass ich eine fiese Klugscheißerin wäre. Sie schaute mich verwundert an und fing sogar ein bisschen an zu lachen.
Sie dachte, ich würde sie veräppeln. Und erst als ich ihr begreiflich machen konnte, dass ich es wirklich und wahrhaftig ernst meine, kam eine einfache Frage von ihr: „Sagt wer?“

Und da hab ich mal wieder angefangen nachzudenken.

Denn wenn ein von Grund auf ehrlicher Mensch, der mich sehr gut kennt, Höhen und Tiefen mit mir erlebt und mehr als nur eine Flasche Wein mit mir geteilt hat, wenn mein personifizierter Tritt in den Hintern, deren Meinung mir sehr wichtig ist, mir so eine Frage stellt, dann muss ich wirklich mal grübeln.

Und ich bin bei meinen Grübeleien auf drei klassische „Ws“ gestoßen:

(Nein, Ihr Mainzer, nicht Weck, Woscht und Woi.)

Wer?

Wer ist die Person, die uns gegenübersteht und uns auf eine vermeintliche Unzulänglichkeit unseres Charakters hinweist?
Welchen Maßstab setzt sie an?
Ist sie still und eher verschlossen, wir dagegen lebhaft und extrovertiert?
Ist es jemand, dem wir am Herzen liegen, der sich vielleicht um uns sorgt? Oder jemand, dem es darum geht, uns gegenüber die Oberhand zu haben?
Jemand, der es gut mit uns meint oder jemand, der uns nur nett verpackt beleidigen will?

Wie?

Werden wir beiseite genommen und in einem ruhigen Moment über auf unser Verhalten angesprochen?
Oder werden wir vor anderen bloßgestellt und kriegen unserer zu ___ vor anderen aufs Brot geschmiert?
Oder wird uns am End sogar ein Vorwurf daraus gemacht?

Warum?

Was beabsichtigt die Person, die uns unseren „Charakterfehler“ vor Augen führt?
Hilft sie uns mit ihrem Hinweis?
Will sie uns vor etwas schützen oder uns verunsichern?
Belehren oder bevormunden?
Eigene Unzulänglichkeiten verbergen, indem er oder sie andere angreift?
Fühlt sich die Person bedroht oder gestört?
Macht er oder sie sich Sorgen um uns?

Nie – nie – nie, ist es schön, die eigenen „Fehler“ präsentiert zu bekommen.

Aber es ist wichtig zu prüfen, ob es denn wirklich Fehler und Schwächen sind, die uns unter die Nase gerieben werden.
Und was unser Gegenüber damit beabsichtigt.
Wer sind die Menschen, denen wir eine solche Macht über unseren Seelenfrieden geben?

Manchmal sind die, die uns so umcharmant auf unsere Unzulänglichkeiten hingewiesen haben, schon längst kein Teil unseres Lebens mehr und trotzdem tragen wir deren Meinung als Tatsache in uns.
Wenn ich heute auf die Situation zurückschaue, in der ich eine fiese Klugscheißerin genannt wurde, frage ich mich, wie ich dieser doofen Schrapnelle auch nur ein Wort glauben konnte.

Ich weiß eben viel, aber ich muss mich auch nicht wegen der Komplexe anderer dümmer stellen, als ich bin.
Und, wenn mich das zu einer Klugscheißerin macht, dann bin ich gern eine!

 

Für Dich gibt es mal wieder eine Hausaufgabe:
Du darfst nicht alles glauben, was andere über Dich sagen!

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4 Kommentare

  • Magdalena

    Es kam mir nicht in den Sinn, dass ich dich damit so zum Nachdenken bringen konnte. Wieder ein großartiger Artikel, den wirklich jeder lesen sollte!

    Viele Grüße vom anderen Ende der Welt

    der personifizierte Arschtritt 😉

    • stopstoppingyourself

      stopstoppingyourself

      Lieber personifizierter Arschtritt,

      doch… das hast Du! Und wie!
      Und ich bin Dir unendlich dankbar, denn ich komme mir ein sehr großes Stück weniger „falsch“ vor!

      Grüß mir das andere Ende der Welt!
      Ich vermisse Dich!!!

  • Michaela Fischbach

    Michaela Fischbach

    Antworten

    Liebe Rebecca
    Was für ein schöner und interessanter Artikel. Ist es nicht immer auch eine Betrachtung des Blickwinkels. Bin ich, sind wir wirklich zu…was auch immer?? Mein Sohn zum Beispiel ist ein sehr lautes Kind, aber ist er wirklich zu laut? Oder ist es einfach für mich manchmal zu laut? Dementsprechend wie kommuniziere ich es? Verletzte ich ihn und vor allem seine Integrität und sage ihm, du bist laut, sei leise? Oder bleibe ich bei mir und sage ihm, es ist mir zu laut, ob er etwas leiser sein könnte. So war die andere Person vielleicht neidisch darauf, dass du so viel weißt. Aber anstatt es dir zu sagen, meint sie du bist zu Besserwisser ich, zu Klugscheißer ich…ein nächstes Problem unsere Gesellschaft…zu viel Gewalt in allem was wir tun und fehlende Impulskontrolle. Die mein Sohn übrigens gerade lernt…und Mama auch. Uns würde sie abtrainiert und neben Gefühlen erkennen, fehlt die uns heute. Vielleicht sind wir deswegen manchmal zu…was auch immer? Aber sind wir wirklich zu…? Oder ist es nicht einfach auch unser Charakter? Und der ist gut, so wir er ist!! Und wenn es einem nicht passt, kann er ja gehen…
    Alles Liebe
    Ela

    • stopstoppingyourself

      stopstoppingyourself

      Liebe Ela,

      vielen Dank für Deinen Kommentar! 🙂

      Du hast so recht, das „zu“ sein liegt bei demjenigen, der es empfindet!
      Wie er damit umgeht ist entscheidend und prägend für denjenigen, dem daraus ein Vorwurf gemacht wird.

      Ich finde es toll, dass Du bei der Erziehung Deines Sohnes so gut darauf achtest, diese beiden Ansichten zu unterscheiden und es ihm nicht abtrainierst, er selbst zu sein.
      Dass Du ihn einfach er selbst sein lässt.

      Und trotzdem erkennst Du Deine Bedürfnisse und kannst sie kommunizieren, ohne den Kleinen zu bewerten.
      Sei stolz auf Dich, das kann nicht jeder!

      Fühl Dich gedrückt!
      Deine Rebecca

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