Stop in the Name of Love…

… before you grummelgrummelgrummel

 

Ich hab mich vor Kurzem mal wieder so richtig geärgert. Erst über jemand anderen und nach ziemlich viel Grummelei dann vor Allem über mich selbst!

Eine eigentlich total unspektakuläre Situation – nicht nur eigentlich!

Wir sitzen in großer Runde im Restaurant beisammen und warten auf Pizza und Pasta. Reden über dies und das und genießen das Beisammensein.
Irgendwann, so zwischen diversen Urlaubsplanungen und Verbesserungsvorschlägen für Jogi Löw, höre ich ein lautes „Iiiihhh, wie sehen denn Deine Fingernägel aus?“

Gemeint bin ich!

Das wissen jetzt auch mindestens noch fünf andere Personen, die das Iiiihhh gehört haben.
Und alle schauen sie auf meine Hände.

Ich fühle mich bloßgestellt und schäme mich.

Knallroter Nagellack kann die Fingernägel gelb verfärben. Das weiß ich seit ein paar Wochen auch!
Normalerweise sind meine Fingernägel perfekt lackiert und niemand kann sehen, dass ich bei der Maniküre zu faul für einen Unterlack war. Passiert mir wohl nicht noch einmal.

An diesem Tag war mir etwas anderes wichtiger. Ich hatte keine Zeit mehr, mir die Nägel neu zu lackieren, weil ich mitten in der Vorbereitungsprozedur spontanen Besuch von einer lieben Freundin bekommen habe und ich pünktlich im Biergarten sein wollte.
Ich hatte einfach keine Zeit.

Und genau das sage ich alles.
Ich erkläre, entschuldige und schäme mich. Für meine verfärbten Fingernägel.

Ich berichte, welcher Nagellack für den Zustand meiner Nägel verantwortlich ist, warum ich unter der Woche mittags spontanen Besuch bekommen habe, warum ich keine Zeit mehr hatte und lieber meine Freundin sehen wollte, als mir die Nägel zu lackieren.

Ich rede mich um Kopf und Kragen.

Und natürlich schäme ich mich. So, wie ich mich für jeden Makel und jede Unzulänglichkeit schäme.
Und ich bin fassungslos, dass ich so bloßgestellt werde.
Und ich fühle mich machtlos, weil ich nichts dagegen tun kann.

Hätte sie mich nicht in einem ruhigen Moment fragen können? Ging es hier um eine Aufrichtige Frage, ob vielleicht etwas nicht in Ordnung ist? Ist es Interesse oder gar Sorge um mich? Wohl eher nicht…
Will sie mich gezielt bloßstellen? Quatsch…
Ist es Unbedachtheit? Mit Sicherheit…!

Und ich suche eine Schuldige: Was soll das eigentlich? Wie kann sie nur?
Ich würde eine solche Frage niemals so „öffentlich“ stellen, eben weil ich niemanden, den ich mag, beschämen will.

Und in mir macht sich neben der Scham auch ein anderes Gefühl breit: Ärger!
Verdammt, es sind verfärbte Fingernägel! Ja, ein Makel, aber echt kein Drama! Nicht schön, aber auch nicht ansteckend. Und – meine Güte – müssen das alle am Tisch wissen?

Ich bin wütend auf die „Bloßstellerin“ und wütend auf mich, dass ich mich so machtlos fühle.

Und diese Wut ist nicht neu.

Immer wieder merke ich, dass jemand meine Grenzen überschreitet.
Ich kann nämlich keine Grenzen setzen und ich bin wütend auf mich selbst, dass ich nicht in der Lage bin, ein klares Stop! zu äußern

Ich kann jetzt natürlich alle Verantwortung von mir weisen und sagen, dass die Bloßstellerin eine doofe Kuh ist und ich sie nicht leiden kann. Das stimmt aber nicht! Ich hab sie sogar ziemlich gern. Sie ist ein sehr neugieriger Mensch und hat es mit Sicherheit nicht böse gemeint.
Sie hat eine Grenze überschritten, von der sie noch nicht einmal weiß, dass sie existiert, denn ich hab sie nicht aufgezeigt.

Und das ist wohl der Knackpunkt.

Ich habe keine Ahnung wie ich eine Grenze setzen oder zeigen kann, dass meine Grenze verletzt wurde. Wie ich ein imaginäres Stoppschild hochhalten kann, damit mir sowas nicht immer wieder passiert.

Selbst heute, einige Wochen später, frage ich mich immer noch, wie ich in dieser Situation hätte reagieren können, um mich nicht so machtlos und ausgeliefert zu fühlen.

Was hätte ich tun können?

Schroff abbügeln: „das geht Dich nichts an“?
Angreifen: „schau Dir erstmal Deine ________ (irgendwas einsetzen) an“?
Arroganz: (Duckface, arroganter Blick) „ich weiß nicht, was Du meinst“?

Der Abend wär dann so richtig nett weitergegangen.

Am besten wäre es wohl gewesen, wenn ich Sie einfach darauf angesprochen hätte. Hinterher in einer ruhigen Minute. Dass ich mich bloßgestellt fühle und ich Ihr Ihre Frage gern in einem etwas intimeren Rahmen beantworte. Aber ist das nicht zu viel des Guten? Es ging doch nur um Fingernägel…

Ich bin immer noch ratlos.

Und es geht ja nicht nur um diesen einen Abend. Ich habe generell das Problem keine Grenzen setzen zu können. Ich lasse immer wieder zu, dass jemand meine Grenzen überschreitet und lasse mich sogar wiederholt schlecht behandeln und wenn mir dann irgendwann mal der Kragen platzt, verstehen die „Grenzüberschreiter“ die Welt nicht mehr. Denn bisher war doch alles gut, warum rege ich mich denn jetzt wegen einer Kleinigkeit so auf?

Ich sammle solche Grenzüberschreitungen quasi und irgendwann ist das berühmte Fass voll und ich explodiere. Das ist nicht schön für mich und auch nicht schön für andere. Das bewirkt Unverständnis und Ablehnung – genau die Dinge, dich ich vermeiden will. Weshalb ich mich dann wieder um Kopf und Kragen erkläre, statt ein Stoppschild hochzuhalten.

Ich drehe mich im Kreis.

Ich bin mir nämlich sicher, dass die meisten Menschen, die meine unsichtbaren Grenzen überschreiten, es nicht böse meinen – mich weder bloßstellen, noch beschämen wollen. Und sie werden auch nicht wollen, dass ich mir über so eine Situation wochenlang Gedanken mache.

Die „Fingernagelbloßstellerin“ wird sich an diese Situation wahrscheinlich noch nicht einmal erinnern können und wenn sie diesen Artikel liest wohl einfach sagen: „Sorry, wollte ich nicht! Warum hast Du denn nichts gesagt?“

Ich hoffe sehr, dass ich irgendwann herausfinde, wie ich mir wochenlanges Gegrummel ersparen kann und einfach sagen kann: „Du, das war jetzt echt nicht so gut von Dir.“

Ich hab mir vorgenommen – ganz fest – wenn ich das nächste Mal in so einer Situation bin, einfach mal auszuprobieren was passiert, wenn ich gezielt anspreche was mich stört.

Wie schaut es denn mit Deinem Stoppschild aus? Hast Du eins? Kannst Du es einsetzen?
Oder geht es Dir in solchen Situationen wie mir?

 

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4 Kommentare

  • Nadja

    Hallo liebe Rebecca 🙂 auf deine Frage, wie ich ein Stoppschild persönlich verwende…. Hätte ich für Dich diese Antwort.
    Ich werde einfach Ironisch und versuche die für mich unangenehme Situation mit Humor zu nehmen. Klingt vielleicht erstmal irritierend, aber es funktioniert erstaunlich gut. Warum muss man sich denn für sich rechtfertigen und sich auch noch schlecht fühlen dabei …Versuche es doch einfach mal 🙂
    bin gespannt auf deine Antwort
    LG
    Nadja

    • stopstoppingyourself

      stopstoppingyourself

      Liebe Nadja,

      das ist eine tolle Idee!

      Du triffst den Nagel auf den Kopf, warum rechtfertigen und schlecht fühlen, wenn doch die andere Person eine Grenze übertreten hat?!

      Humor ist eh eine meiner liebsten Waffen! Denn lachend macht das Leben gleich viel mehr Spass!

      Schaffst Du es denn mit einer ironischen, humorvollen Antwort Dich auch nicht zu grämen?

      Viele Grüße
      Rebecca

  • Nadja

    Nadja

    Antworten

    Hallo liebe Rebecca 🙂

    Ich versuche mir immer treu zu bleiben und meinen Humor, lass ich mir nicht nehmen.
    Wenn Menschen in meiner Umgebung, damit nicht zurecht kommen. Dürfen sie gerne aus meinem Leben treten. Mir ist meine Zeit zu schade, sie mit taktlosen diktierenden Menschen zu verschwenden 😉
    Ich wünsche Dir einen feinen Tag 🍁🍃🍂🍄 Und Danke für deinen schönen Blog ❤️

    Liebste Grüsse
    Nadja

    • stopstoppingyourself

      stopstoppingyourself

      Liebe Nadja,

      vielen Dank für Deine liebe Worte! 🙂

      Du hast eine sehr wichtige und gesunde Einstellung!

      Selbst an den trübsten Tagen, oder eher gerade an trüben Tagen, lässt Humor gleich wieder die Sonne scheinen.

      Und sich selbst treu zu sein ist so unglaublich wichtig.
      Wie Du auf meinem Blog lesen kannst, arbeite ich da noch ein wenig – ähäm… oder mehr – am Feinschliff!

      Ich finde Deine Einstellung sehr bewundernswert! 🙂

      Habe einen tollen Abend!

      Viele liebe Grüße
      Rebecca

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