Oder: Wer ist stärker, Du oder Deine Angst?
Wir alle haben vor etwas Angst, mal ist diese Angst rational, mal irrational. Manchmal ist sie allgegenwärtig, manchmal erscheint sie mit einem lauten „Plopp“ wie ein Flaschengeist nur in bestimmten Momenten. In manchen Situationen ruft sie nur ein leises Alarmklingeln in uns hervor, in anderen Situationen betäubt sie mit lautem Getöse alle unsere Sinne.
So grundsätzlich ist Angst ja eine praktische Sache.
Sie soll uns vor großen lebensgefährlichen Dummheiten, wie zum Beispiel einem Machtkampf mit einem Säbelzahntiger oder einem Spaziergang auf einem Balkongeländer im 15. Stock, bewahren.
Blöd ist nur, dass wir alle viel mehr Angst haben, als es heute noch Säbelzahntiger auf dieser Welt gibt und, dass sich unsere Angst leider nicht nur auf Balkongeländer bezieht.
Wir werden stattdessen von jeder Menge anderer Ängste gequält.
Versagensängste und Existenzängste rauben uns den Schlaf.
Platz- und Flugangst sorgen dafür, dass wir mit beiden Beinen fest auf dem Boden bleiben.
Und so manche Angststörung hat uns so fest im Griff, dass wir kaum mehr uneingeschränkt am Leben teilhaben können.
Alle diese Ängste haben eins gemeinsam: sie schränken uns ein und hindern uns daran, unser Leben voll und ganz auszuschöpfen und zu genießen.
Und das ist so verdammt schade!
Denn wo wir so viele Ängste haben, haben wir trotzdem nur ein einziges Leben.
Ich gehöre leider zu denen, die sich mit ein bisschen mehr als nur dem Standardangstprogramm herumschlagen müssen.
Neben den gesellschaftlich anerkannten Ängsten wie Versagens- und Existenzangst, die mich kaum mehr kümmern, habe ich blöderweise schon so lange ich denken kann, eine dämliche Angststörung. (Bitte entschuldige, wenn ich nicht mehr ins Detail gehe, die Info muss fürs erste reichen).
Sie ist eine von den Ängsten, die immer mal wieder völlig aus dem Nichts aufploppen und versuchen mir mit einer Panikattacke den Tag zu versauen. Zum Glück schränkt sie mich heute nicht mehr in meinem Alltag ein, aber das war verdammt harte und lange Arbeit.
Und trotzdem erwischt mich diese Angst immer mal wieder heimtückisch in Momenten auf die ich mich gefreut habe und die ich eigentlich einfach nur genießen will.
Der letzte Freitag war so ein Tag!
Ich hatte einen Tag mit meinem Lieblingsehemann auf der Piste geplant und mich wahnsinnig auf diesen Tag gefreut.
Kaum in den Bergen angekommen, war ich zu nichts mehr zu gebrauchen:
Schwindel, Anspannung, Zittern und blanke Panik hatten mich fest im Griff!
Also habe ich meinen Mann erstmal allein auf den Berg geschickt, damit ich genug Zeit hatte diverse Symptome und Höhenkrankheiten zu googeln und mich weiter in meine Angst reinzusteigern.
Und das hat auch super funktioniert.
Ich hatte jede Menge Horrorszenarien vor Augen, meine körperlichen Symptome wurden immer schlimmer und die Panik immer mächtiger. Irgendwann habe ich es geschafft, mich auf den sozialen Medien ein wenig abzulenken und ich konnte wieder ein bisschen klarer denken!
Wie immer hatte ich genau zwei Möglichkeiten!
Entweder bleibe ich den ganzen Tag allein in der Hütte der Talstation sitzen, warte auf meinen Mann, beobachte meine Symptome, habe Angst und ärgere mich über das Geld, das wir für Skipass und Board bezahlt haben, oder ich schnall mir das Brett unter die Füße und steige in den Skilift und lasse es drauf ankommen.
Ich fing an, die worst Cases gegeneinander abzuwägen.
Das, wovor ich so wahnsinnige Angst habe, kann überall, also auf der Piste oder im Lift passieren.
Auf der Hütte aber auch!
Es spielte also überhaupt keine Rolle, ob ich jetzt das machte, weshalb ich auf diesen Berg gefahren war, oder ob ich voller Selbstmitleid und Wut auf mich und meinen Körper weiter in der Hütte sitzen blieb.
Also hab ich´s gewagt.
Ich hab mir das Brett angeschnallt, bin in den Lift gestiegen und bin wundervolle Pisten hinuntergesaust.
Und ich bin so gut gefahren, wie nie zuvor in meinem Leben.
Die Panik hat mich zwar den ganzen Tag immer noch begleitet und ist ab und zu nochmal aufgeploppt, aber auf der Piste hat sie mich bei jeder Abfahrt in Ruhe gelassen und ich konnte jede einzelne in vollen Zügen genießen.
Für mich war dieser Tag ein weiterer Durchbruch im Kampf gegen meine ganz persönliche Angst.
Sie ist wieder ein bisschen kleiner geworden – und ich wieder ein bisschen stärker!
Denn diese Angst gibt es nur in meinem Kopf. Sie ist quasi mein persönlicher Säbelzahntiger und ich hoffe sehr, dass auch sie eines Tages ausgestorben ist.
Natürlich ist nicht jede Angst gleich zu bewerten und vor allem Angststörungen sind sehr ernst zu nehmen. Aber sie sind in den meisten Fällen – so wie auch meine Angst – nicht wirklich real.
Sie existiert nur in meinem Kopf, warum auch immer, aber sie ist nicht lebensbedrohlich.
Sie bewahrt mich nicht vor lebensgefährlichen Dummheiten.
Sie ist einfach nur da und macht mir das Leben schwer.
Die Angst nervt!
Und ich muss ihretwegen jedes mal, wenn sie auftaucht, eine Entscheidung treffen.
Wenn du weißt, wovon ich spreche oder aber auch nur ein bisschen Bammel vor einer Sache hast, versuchs doch auch mal:
Frag Dich einfach, was Dein persönlicher worst Case wäre.
Wie bedrohlich ist er wirklich?
Wie wahrscheinlich ist es, dass der worst Case eintritt?
Wieviel verpasst Du wegen Deiner Angst vor dem worst Case?
Ist Deine Angst vor dem worst Case Deine Panik wert?
Komm, lass uns unsere Säbelzahntiger besiegen!
…denn von denen lassen wir uns bestimmt nicht das Leben vermiesen.
Wie gehst Du mit Deinen Ängsten um?
Hast Du auch so einen nervigen Säbelzahntiger?Wie immer freue ich mich über einen Kommentar von Dir…
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