Da nich´ für…

Oder: Warum tun wir uns nur so schwer damit, Lob und Dank anzunehmen?

Gerade eben hat es mich wieder erwischt:

Eine liebe Freundin hat gesundheitlich gerade echt die A-Karte gezogen und muss ziemlich viel über sich ergehen lassen, worauf wirklich niemand auch nur im entferntesten Lust hat.
Heute war für sie einer der noch fieseren Tage und wir haben über den ganzen Tag verteilt Nachrichten hin und her geschrieben und uns an Ironie, Sarkasmus und doofen Einfällen überboten.

Ich hatte heute bisher (ich bin abergläubisch und habe Angst, dass es Pech bringt, den Tag vor dem Abend zu loben) einen ziemlich tollen Tag: ich war mit meiner kleinen Schwester frühstücken, habe die Dunstabzugshaube entfettet (igitt!) und ein bisschen aufgeräumt, war in der Sonne spazieren, habe faul auf dem Sofa rumgegammelt, mir ein paar Gedanken gemacht und es mir ansonsten ziemlich gut gehen lassen.

Unser Tag hätte auf der Uiuiuiauauau- Skala kaum weiter von einander entfernt sein können.

Und genau deshalb war mir das einfach nur unangenehm, als ich eben eine Nachricht von meiner Freundin bekam, in der sie sich für meinen heutigen Beistand bedankt hat.
Das wollte ich garnicht hören oder lesen.

Ich fing an die Antwort zu tippen, denn irgendetwas musste ich ja antworten.
„Pfft… Das kann ich eigentlich besser… Ich hab doch gar nichts gemacht… Welcher Beistand?“
Aber schon während des Tippens kam mir meine Antwort irgendwie falsch vor.

Ja, ich hatte einen tollen Tag und sie hatte einen Tag an dem sie lieber 1.000 fettige Dunstabzugshauben geputzt hätte, als ihr heutiges Tagesprogramm durchzuziehen. Aber es ist eigentlich so simpel: ich hab ihr ihren Tag ein bisschen erträglicher machen können und sie hat sich dafür bei mir bedankt.

Ganz einfach!

Und eben das jetzt mit meiner Nachricht als „Nichts“ abzuwinken erschien mir irgendwie nicht richtig. Denn mir wurde bewusst, dass das, was mir wie ein Nichts erscheint, ihr etwas bedeutet.

Ich habe also noch ein „Gern geschehen“ und ein Küsschen an die Nachricht gehängt, auf Senden gedrückt und meine ursprüngliche Artikelidee für heute über den Haufen geworfen.

Denn sie hat mich mit ihrer Nachricht zum Grübeln gebracht.

Warum fällt es mir so schwer, Dank anzunehmen?

(Von einem Lob oder Kompliment will ich erst garnicht reden!)

Ich könnte doch stattdessen stolz auf mich sein und darf mich darüber freuen, dass ich es durch ein paar doofe WhatsApps geschafft habe, einem lieben Menschen einen schweren Tag ein bisschen erträglicher zu machen.
Ist das nicht eigentlich ein Grund zu feiern?

Ich verwette meinen Hintern darauf, dass ich mit meiner Unfähigkeit Dank anzunehmen nicht allein bin!

Aber warum ist das so?
Warum machen wir das, was wir für andere tun so klein?
Warum können wir selbst nicht sehen, dass unsere Kleinigkeiten anderen etwas bedeuten?

Ich habe da so eine Theorie:
Sie hängt blöderweise wieder mit unangenehmen Gefühlen und dämlichen Überzeugungen zusammen, Dingen die wir in uns tragen und uns immer wieder daran hindern, unseren eigenen Wert zu erkennen.

Das Gefühl der Wertlosigkeit und die Überzeugung nur dann liebenswert zu sein, wenn wir Großartiges und Bahnbrechendes leisten – wenn wir uns in die allergrößten Unannehmlichkeiten stürzen, Berge versetzen, die Welt auf unseren Schultern tragen und nebenbei noch promovieren.

Denn – Hey – ich hätte heute doch mindestens mit Get-Well-Soon-Luftballons, selbstgekochter Hühnersuppe und sorgenvoller Kummerfalten in der Uniklinik auftauchen müssen, anstatt nur ein paar faule Nachrichten zu schicken.
Und nur wenn ich dann noch das Haus meiner Freundin geputzt, die Kinder bespaßt und den Ehemann bekocht hätte, dann hätte ich eventuell ein kleines Danke verdient.
Denn nur dann hätte ich ja immerhin ein bisschen was geleistet, für das ich mir sanft verhalten auf die Schulter hätte klopfen und eventuell ein Dankeschön hätte annehmen können. Oder?

Oder?

Oder sollte ich nicht einfach froh sein, dass ich mit Leichtigkeit einem lieben Menschen ganz ohne großes Tamtam beistehen konnte, dass es garnicht viel braucht, um von einem lieben Menschen geschätzt zu werden, dass ich direkte Wertschätzung für etwas erhalte, das mir keine Mühe macht?

Wir sollten viel mehr darauf schauen, was wir täglich tun – ganz ohne Berge zu versetzen!

Und stolz auf uns selbst sein!

Denn die Wertschätzung von anderen ist toll, aber wenn wir uns selbst ganz allein wertschätzen können ist das wundervoll.

Ich habe heute mal wieder erfahren, dass ich wertvoll bin, ich dem ich nur das mache, was ich eben mache – dass ich für andere wertvoll bin, wenn ich einfach ich bin.

Ich habe mir fest vorgenommen, das irgendwann auch zu glauben!

Und jetzt darf ich einen lieben Menschen in dieselbe Bredouille bringen:
Vielen Dank, Du liebes, krankes Huhn! Ohne Deine Nachricht hätte es diesen Artikel nie gegeben.
(Und ich weiß, dass es Dir genauso schwerfällt wie mir, das anzunehmen.)

Wie ist es bei Dir?

Kannst Du mit Dank umgehen?

Erst recht, wenn Du in Deinen Augen garnichts Großes geleistet hast?

Ich freue mich über einen Kommentar…
(aber Achtung: ich bedanke mich dann auch!)

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