Mir ist letztens etwas Schlimmes aufgefallen: die Jugend von heute ist total verkorkst!
Unsere Gesellschaft ist am Ende.
Ich saß an einem der letzten warmen Sommerabende auf der Terrasse und habe an einem Artikel gearbeitet. Es war ca. 19.00 Uhr und zwei Nachbarskinder sind kurz vorm Schlafengehen auch nochmal draußen gewesen und haben gespielt.
Die haben gejauchzt, gekrischen, geplärrt, gelacht und waren so richtig wild und aufgedreht – und ich war empört!
Die beiden Jungs haben nämlich einfach das rausgelassen, was sie gerade gefühlt haben.
Das geht ja wohl überhaupt nicht!
Ich wohne in einer Nachbarschaft mit vielen Kindern jeden Alters und die benehmen sich wirklich alle so! Die weinen und lachen, kreischen und motzen – genau so wie es ihnen eben gerade geht: Wutanfälle, wenn sie sich über irgendetwas ärgern, lautes Lachen, wenn sie sich freuen, Kreischen, wenn sie aufgeregt sind, Weinen, wenn sie traurig sind oder ihnen etwas wehtut
Unfassbar!
Hat denen noch keiner gesagt, dass man sich für seine Gefühle schämen muss und sie die niemals zeigen dürfen?
Wo bleiben da die Eltern? Können die ihren Kindern nicht mal ein paar der allerwichtigsten sozialen Verhaltensregeln beibringen? Die haben jetzt schon gänzlich in der Erziehung ihres Nachwuchses versagt!
Es gibt ungeschriebene Gesetze, an die man sich halten muss!
Und das sind ganz klare Verhaltensregeln, die dafür sorgen, dass Gefühle da bleiben wo sie hingehören: tief in uns drinnen.
Sie müssen verborgen, runtergeschluckt, verheimlicht und verleugnet werden.
Liebe Nachbarn, damit Ihr Eure Kinder endlich zu anständigen Menschen erzielen könnt, fasse ich Euch mal zusammen, wie man mit Gefühlen umzugehen hat.
Für alle anderen gilt das natürlich auch!
1. Traurigkeit
Es geht überhaupt nicht, dass man traurig ist. Damit ist man schwach und eine Belastung, da Andere sich durch Traurigkeit zu Aktionen, wie Trost, oder Emotionen, wie Mitgefühl, gezwungen fühlen könnten.
Das ist unzumutbar!
Besonders, wenn die Traurigkeit durch Weinen sichtbar wird.
Bitte bringt Euren Kindern bei, dass – wenn sie denn überhaupt weinen müssen – dies bitte heimlich tun! Am besten eignet sich hierfür ein Raum, in dem man nicht gesehen oder gehört wird (die Toilette oder das Bad sind hierfür hervorragend geeignet) und den man erst verlässt, wenn sämtliche Spuren wie Tränen oder gerötete Augen komplett verschwunden sind.
Dafür gibt es nur eine Ausnahme: höchstens bei dem Verlust einer nahestehenden Person darf kurz „öffentlich“ geweint werden. Aber dies auch nur einmal und unter gar keinen Umständen darf die Traurigkeit Andere in Ihrer Freizeit belasten und benachteiligen. Schließlich kennt jeder irgendwen, der irgendwen kennt, dem man auch beim tragischsten Verlust nichts angemerkt hat – und so sollen es bitte auch alle handhaben.
Übrigens: Manchmal fühlen sich besonders nahestehende, sensible Menschen genötigt, Traurige zu fragen ob denn alles in Ordnung sei. Diese Frage ist immer und ohne jede Ausnahme absolut zu bejahen!
2. Freude
Fröhlichkeit, die sich durch Lachen, Kichern oder Strahlen ausdrückt, ist völlig inakzeptabel.
Nicht nur ist durch Lachen meist eine Lärmbelastung gegeben, auch eine fröhliche Mimik ist grundsätzlich unangebracht, denn beides ist hochgradig ansteckend!
Die Fröhlichkeit anderer Menschen ist grundsätzlich schwer zu ertragen.
Wer fröhlich ist, kann sich nicht beschweren und nicht brummeln – beides ist aber in unserer Gesellschaft absolut von Nöten. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder sich einfach so die schlechte Laune vermiesen lassen würde. Am End würden wir alle netter zu einander sein und uns gegenseitig den Tag versüßen!
Liebe Eltern, bitte gebt Euch Mühe und verbietet am besten Euren Kindern die Freude komplett!
Die Folgen wären nicht auszudenken!
3. Angst
Wenn Kinder Angst haben, zeigen sie das oft sehr klar und eindeutig. Manche Kinder sagen sogar ganz offen, wovon sie sich fürchten. Deshalb sind Kinder auch so schwach.
Liebe Nachbarn, Eure Kinder müssen stark sein.
Angst ist keine Emotion, sondern eine Schwäche – und als erwachsener Mensch ist Schwäche zeigen absolut inakzeptabel.
Am besten wirkt Ihr irrationalen Ängsten (z.B. Monstern unterm Bett) entgegen, indem Ihr die ängstlichen Personen (in diesem Fall Eure Kinder) nicht ernst nehmt und ihre Ängste ins Lächerliche zieht. Dazu eigenen sich am besten Aussagen wie „Du spinnst“, „Mach Dich nicht lächerlich“ oder „Sei nicht so ein Baby“.
Rationale Ängste wiederum, beispielsweise Angst vor dem Verlust eines Elternteils, sind nur mit Realität und Härte einzudämmen. Hier eignen sich Aussagen wie „Das wird irgendwann eh passieren“, „So ist das Leben“ und „Da kannst Du Dich jetzt schonmal drauf einstellen“.
Eure Kinder werden Euch nie wieder sagen oder zeigen, wenn sie vor etwas Angst haben!
Zack – Problem gelöst!
4. Wut
Wut entsteht meist durch das Gefühl ungerecht behandelt worden zu sein. Die Folge ist oft ein Druck in der Bauchgegend, der unbedingt still auszuhalten ist.
Schließlich ist das Leben kein Ponyhof und niemand hat gesagt, dass das Leben gerecht ist.
Am besten lernen Eure Kinder das so früh wie möglich.
Wichtig ist, dass man auch mit immensem Druck im Bauch, immer freundlich und höflich bleibt und Wut auf keinen Fall zum Ausdruck bringt – Ihr wollt doch bestimmt nicht, dass Eure Kinder später als jähzornig oder aggressiv gelten.
Wenn diese Regeln nicht befolgt werden, sehe ich schwarz für den Weiterbestand unserer Gesellschaft, wie sie heute ist.
Wäre es nicht schrecklich, wenn wir von den Kindern lernen würden, Emotionen auszuleben und auszuhalten, anstatt ihnen beizubringen sie zu unterdrücken und „mit ihnen umzugehen“?
Wenn niemand mehr lernt, seine Emotionen zu unterdrücken, würden die Menschen sich nicht mehr verstellen und verleugnen, sich nicht mehr unverstanden oder einsam fühlen, weniger Menschen an Depressionen oder Krebs erkranken, jeder direkt wissen, wie es dem Anderen gerade geht, die Menschen aufeinander eingehen und Rücksicht nehmen.
Wäre das nicht furchtbar?
Ich hoffe sehr, dass diese kleinen, wunderbaren Menschen mal genauso grummelige Menschen mit jeder Menge unterdrückter Emotionen werden, wie die meisten Erwachsenen es sind – NICHT!
Eine kleine Hausaufgabe:
Wenn Du Dich das nächste Mal über etwas freust, zeig es!
Wenn Du das nächste Mal weinst, versteck Dich nicht!
Wenn Du das nächste Mal wütend bist, sag es!
Wenn Du das nächste Mal Angst hast, steh dazu!Beobachte, wie es Dir damit geht…
Ich bin sehr gespannt.
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