Sorry, not sorry…

Oder: warum Du aufhören solltest Dich immer für alles zu entschuldigen.

Entschuldigung,

…tut mir leid, wenn ich Dich störe.

Sorry, aber könntest Du… würdest Du vielleicht meinen Artikel lesen?
Tut mir leid, wenn er Dir nicht so gut gefällt.
Entschuldige bitte, falls ich damit Deine Zeit verschwendet habe.
Tut mir so leid…

Ja, da ist sie: die Entschuldigungskrankheit!

Vor allem Frauen leiden oft an der chronischen Form. Ich bin eine von ihnen – und das nervt mich gewaltig.

Denn dabei geht es nicht um die Entschuldigung, wie sie im Duden so schön erklärt ist:
„jemanden wegen eines falschen Verhaltens o. Ä. um Verständnis, Nachsicht, Verzeihung bitten“.

Nein, es geht um das chronische Entschuldigen für jeden Umstand und einfach alles.

Ich bin da ein ziemlich schwerer Fall. Ich entschuldige mich ständig: wenn ich etwas möchte, wenn ich etwas tue, wenn ich jemandem auf den Fuß getreten bin, wenn mir jemand auf den Fuß getreten ist, wenn ich huste, wenn ich das Telefon nicht gehört habe, wenn ich jemanden anrufe, wenn mich jemand anrempelt, wenn ich etwas gern tun würde, wenn ich einen Termin oder eine Verabredung vereinbare oder verschiebe, wenn ich keine Zeit habe, wenn ich in den Urlaub fahre, wenn ich arbeiten muss, wenn ich zu laut oder zu leise rede, wenn ich irgendwo stehe, wenn ich irgendwie bin, wenn andere sich irgendwie verhalten, wenn, wenn, wenn… das kann ewig so weiter gehen.

Und es ist so unnötig!

Wenn jemand einen Fehler gemacht, jemanden verletzt oder in eine doofe Situation gebracht – also einfach Mist gebaut hat – sollte es absolut selbstverständlich sein, das dieser jemand dafür auch um Verzeihung bittet.
Ebenso das höfliche „Entschuldigen Sie“, wenn man jemanden anspricht, unterbricht oder sich an ihm oder ihr vorbeidrängelt, ist ein Ausdruck von Höflichkeit, den ich absolut befürworte.

Aber das dauerhafte für alles Entschuldigen, also schon um Verzeihung bitten, bevor man überhaupt irgendetwas getan hat, oder sich für Dinge entschuldigen, die man einfach nicht verantworten muss, damit sollten wir dringend aufhören.
Und dieses dauerhafte Entschuldigen versteckt sich übrigens nicht nur in „es tut mir leid“, „Sorry“ oder „entschuldige bitte“. Nein! Es ist auch zu finden in „leider muss ich…“, „ich befürchte, dass ich…“ und „ich könnte erst…“.

Aber warum tun wir das?

Es geht hier nicht um Höflichkeit – dieses ständige für alles Entschuldigen geht nämlich weit darüber hinaus.
Es geht ums klein machen! Um Selbstwert! Um Unsicherheit!
Wir machen uns selbst klein, wenn wir uns immer für alles entschuldigen!

Es ist ganz einfach: derjenige, der sich entschuldigt hat einen Fehler gemacht oder jemanden gestört. Wenn wir uns ständig entschuldigen, bedeutet das im Umkehrschluss, dass wir ständig Fehler machen oder jemanden stören.

(Ich schreibe mich gerade richtig in Rage… so sehr ärgere ich mich über mein eigenes Verhalten… Entschuldigung – aaahhhhrrrrrr)

Wir entschuldigen uns für unsere Bedürfnisse!
Wir übernehmen mit unseren Entschuldigungen die Verantwortung für Dinge, die wir nicht zu verantworten haben!
Wir setzen uns mir einer Entschuldigung automatisch ins Unrecht und den anderen damit ins Recht.

Das ist doch idiotisch!

Wenn wir angerempelt werden und uns dafür entschuldigen, bestätigen wir dem Rempler, dass es in Ordnung ist, uns anzurempeln und sich dafür nicht zu entschuldigen!
Das ist es nicht! Niemand hat das Recht uns einfach so anzurempeln, wir sind kein Gegenstand!

Wenn wir dem Kunden frühestens einen Termin in 4 Wochen anbieten können und uns dafür entschuldigen, wirken wir, als wären wir überfordert und nicht belastbar.
Das sind wir nicht! Wir sind erfolgreich und haben viel zu tun, weil wir gut sind, in dem was wir tun!

Wenn wir das Telefon nicht gehört haben und uns dafür entschuldigen, bedeutet das für den Anderen, dass wir immer zur Verfügung stehen und keine eigenen Prioritäten haben.
Die haben wir! Und genau deshalb liegt das Handy manchmal lautlos im Nebenraum! Wir haben einfach wichtigeres zu tun, als immer für andere erreichbar zu sein!

Wenn wir erkältet sind und uns dafür entschuldigen, sind wir verantwortlich für unsere Erkältung und damit selbst Schuld an unserem Zustand und könnten dann ja trotzdem ins Büro gehen.
Nein, nein, nein! Wir sind nicht nackt im Schnee spazieren gewesen und haben dann an Haltegriffen im Bus geleckt! Wir haben ein Immunsystem, dass auch mal zu kämpfen hat! Wie jeder!

Leute – das haben wir nicht nötig!

Wir sind für unser Verhalten verantwortlich, aber wir müssen uns dafür nicht entschuldigen, solange wir niemandem schaden.
Und wir müssen uns nicht klein machen, indem wir uns entschuldigen!
Wir sind wer!
Wir sind toll!
Wir sind gut!

Und sich dafür entschuldigen ist doch wirklich reiner Irrsinn!

Oder?

Also: Beobachte Dich doch mal selbst, wie oft Du Dich am Tag für irgendetwas entschuldigst, für das gar keine Entschuldigung nötig ist!
Am besten mit einer Strichliste, dann tut´s am meisten weh.

Und dann: Hör auf mit dem Entschuldigungsquatsch!


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