Etwa Deins? Und wer bestimmt dann?

Mein Mann und ich durften vor ein paar Tagen Zeugen eines „netten Gesprächs“ zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn werden.
Man könnte auch sagen, wir hatten keine andere Wahl, denn der Schwiegervater hat seinen Schwiegersohn direkt vor dem Schlafzimmerfester unserer schnuckeligen Ferienwohnung derart rund gemacht, dass an Schlaf nicht zu denken war.
Also blieb uns nur zuzuhören und für die eigenen, lieben Schwiegerpapas sehr dankbar zu sein.

Du fragst Dich vielleicht, warum ich Dich an diesem beeindruckenden, weltbewegenden Erlebnis teilhaben lassen muss?
Wenn Du ein bisschen Geduld mit mir hast, wirst Du am Ende des Artikels sehen wieso.

Also, zurück zum Streit, bei dem es konkret darum ging, dass der Schwiegersohn ´ne echte Lusche ist, nichts kann und vor allem seiner kostbaren Ehefrau nicht das Leben bietet, das sie verdient hat.
Nach einer Weile ging der Schwiegerpapa dazu über, dem Schwiegersohn klar und deutlich zu sagen, was er denn bitte in seinem Leben ändern solle, um den Ansprüchen den Schwiegerfamilie zu genügen. Schließlich hätten doch alle das selbe Ziel: das Glück der Ehefrau bzw. Tochter.

Und ich finde, der Schwiegerpapa hat auch jedes Recht dazu!

Er ist schließlich auch Ehemann! Und war beim Militär! Und hat auch viel mehr Lebenserfahrung!
Und es ist nunmal die Aufgabe der Frau abends das Essen auf den Tisch zu bringen, auch wenn der Mann viel besser kochen kann!

Pfffffttttttt… Echt jetzt?

Ich war kurz davor, mein kuscheliges Bett zu verlassen und dem Herren mal meine Meinung zu sagen, so wütend war ich!
Da ich aber erstens zu faul, zweitens zu feige und drittens zu neugierig war, wie denn der Schwiegersohn reagiert, habe ich es bleiben lassen.
Letztendlich hat der Schwiegersohn den Schwiegerpapa einfach reden lassen und zu allem Jaja gesagt – was das heißt wissen wir ja – und ich war immer noch wütend!

Wie kann sich denn ein Mensch rausnehmen, einem anderen vorzuschreiben, wie er sein Leben zu leben hat? Ganz egal wer!

Ob die Eltern, Schwiegereltern, Freunde, Kollegen, Bäckereifachverkäufer – niemand hat das Recht dazu!

Und vor allem hat mich das deshalb so wütend gemacht, weil ich schon so oft in der Situation des Schwiegersohns gesteckt habe.
Wie oft habe ich mir von anderen sagen lassen, was an meinem Leben nach deren Vorstellung falsch läuft, was ich nach deren Vorstellung falsch mache, was an mir nach deren Vorstellung falsch ist oder ihnen einfach nicht in den Kram passt!?

Und das nicht immer auf die nette Art! Nicht nur, dass mir oft Ratschläge erteilt wurden, die anderen mehr nützten als mir, es wurden sogar Beleidigungen, Gemeinheiten und sogar Neidattacken in wohlwollende Ratschläge verpackt, um die ich nie gebeten hatte!

So haben mir damals, nach dem Abitur die Eltern einer Freundin gesagt, ich könne nicht zum Studieren weggehen, sonst sei sie ja ganz allein.
Ebenso diese Freundin hat mir beim Shoppen gesagt, ich könne mir den Bikini nicht kaufen, weil ich mir schließlich schon Schuhe gekauft hätte.

Die Motive sind wohl offensichtlich…

(Ich habe übrigens zum Studieren die Stadt verlassen, wenn auch nur für ein Jahr – dem Bikini heule ich heute noch hinterher.)

Und dann frage ich mich: Warum?

Warum glaubte irgendwer mir so übergreifende Ratschläge erteilen zu dürfen?
(Ich meine die Studium-, nicht die Bikinisituationen)
Vielleicht, weil ich so unsicher gewirkt habe?

Warum meinte irgendwer das Recht zu haben, so mit mir sprechen zu dürfen?
Vielleicht, weil ich nichts dagegen getan habe…

Warum habe ich so mit mir reden lassen?
Vielleicht, weil ich dachte, dass man mit mir so reden darf…

Warum habe ich gedacht, dass man mich so behandeln darf?
Vielleicht, weil ich mir selbst nicht viel wert war…

Klingt ziemlich traurig, oder?

Damals bin ich nach jedem Gespräch dieser Art noch unsicherer geworden und mein Selbstwertgefühl war noch mehr im Keller!
Und ich dachte, dass diese Menschen Recht haben, denn sie wollen ja nur das Beste für mich!
Schließlich waren es doch meine Freunde, Kollegen, Partner, Bekannte oder Verwandte!

Es hat lange gedauert, viele solcher „Freundschaften“ erfordert, bis ich gemerkt habe, dass niemand so mit mir sprechen darf!
Und, dass ich solche Menschen nicht brauche!

Kennst Du solche Menschen vielleicht auch?
Bist Du in ähnlichen Situationen gewesen?
Oder steckst Du sogar heute noch manchmal in solchen Situationen?

Das musst Du nicht!

Ich kann heute solchen „netten“ Menschen und ihren „noch netteren“ Ratschlägen die Stirn bieten, indem ich für mich ganz klar prüfe, ob eine Aussage für mich wertvoll ist oder ob eine andere Absicht dahinter steckt.
Ich erkenne einen echten Rat und kann ihn von einem falschen – falsch motivierten – unterscheiden.

Und Du kannst das auch!

Denk einfach an die Sesamstrasse: Wer, wie, was!

Wer…

… gibt Dir diesen Rat?
Ist Dein Gegenüber ein Mensch, dem Dein Wohlergehen am Herzen liegt? Habt ihr ähnliche Wertvorstellungen und Sichtweisen?

Wie…

… erreicht Dich dieser Ratschlag?
Wird der Rat als wohlwollend und freundlich, vielleicht auch mit Neugierde oder Sorge formuliert? Hast Du um einen Rat gebeten?

Was…

… wird Dir geraten?
Wirst Du motiviert und bestärkt oder gebremst und überrannt? Ist es ein Tritt in den Hintern oder schadet es Dir, wenn Du diesen Rat annimmst?

Es ist Dein Leben und es sind Deine Entscheidungen, die Dein Leben bestimmen.
Lass Dich nicht von jemandem beeinflussen, der es vermeintlich gut mit Dir meint und dabei eigentlich seine eigenen Interessen in den Vordergrund stellt.

Du bist der Boss!

Du brauchst nicht die Erlaubnis anderer, Dein Leben nach Deinen Vorstellungen zu leben!

Und das hätte ich dem Schwiegersohn gern gesagt…
und dem Schwiegervater erst recht!

Wie schaut es bei Dir aus?
Lässt Du Dich beeinflussen und von anderen bevormunden?
Fällt es Dir schwer, Dich ihren Meinungen entgegenzusetzen?

Ich freue mich über einen Kommentar von Dir!